Es geht!

Am 30. November diskutierten wir beim 2. Politstammtisch über das Thema „Rot-Rot-Grün – Chance oder Risiko?“ Zu Gast hatten wir Wulf Gallert, langjähriger Fraktionsvorsitzender und jetzt Vizepräsident des Landtages. Er berichtete über das Treffen von 100 Repräsentant*innen der drei Parteien in Berlin. Die Debatte, die noch vor 2 Jahren niemanden interessierte, gewinnt an Fahrt, obwohl die Rahmenbedingungen schlechter sind und die Unterschiede zwischen den Parteien nicht kleiner geworden sind. Aber der Rechtsruck der Gesellschaft ist so dramatisch geworden, dass wir uns unsere Animositäten einfach nicht mehr leisten können. Mehrfach wurden sowohl auf besagtem Treffen, als auch beim Stammtisch Parallelen zu 1933 gezogen. „Wir steuern auf die gesellschaftliche Dominanz rechtskonservativer, zum Teil nationalistischer Ideen zu.“, so Gallert. Unter den Bedingungen einer CDU/AfD-Mehrheit bekommt die AfD die Möglichkeit, direkt in politische Prozesse einzugreifen. Es kommt zu einer Entgrenzung von CDU und AfD. Dies ist ganz klar im Landtag zu sehen, wo immer dann, wenn geheime Abstimmungen laufen (die von der AfD gezielt gefordert werden), etliche CDU-Abgeordnete mit der AfD stimmen, gegen die eigene Koalition. Große Teile der CDU nähern sich inhaltlich, sprachlich und kulturell der AfD an, sei es aus Überzeugung, oder in dem Glauben, so AfD-Wähler*innen zurückzugewinnen. Vor Hintergrund dieser drohenden Dominanz werden alle Dinge marginal, die sich LINKE, SPD und Grüne zu Recht vorwerfen könnten. R2G (so eine landläufige Bezeichnung für Rot-Rot-Grün) ist als Alternative zu schwarz/braun nötig.

Eins ist klar: im Wahlkampf wird sich nichts geschenkt. Wenn wir koalieren wollen, müssen wir uns nicht mögen. Es ist eine Zweckehe. Wichtig ist, dass alle drei Parteien ihr spezifisches Wähler*innenpotenzial ansprechen und ausschöpfen. Die Eigenständigkeiten müssen erhalten bleiben, aber aus Unterschieden darf sich keine Kooperationsunfähigkeit ableiten – bei Strafe des Untergangs der zivilisatorischen Grundlagen unserer Gesellschaft. Die Themen, wo es Gemeinsamkeiten gibt, müssen hervorgeholt werden. Es muss verhindert werden, dass Leute den Eindruck bekommen: „Die können nicht miteinander als Alternative zu Merkel, also wähle ich eine andere Alternative“. Es geht bei der nächsten Bundestagswahl um nicht weniger, als um die grundlegende Weichenstellung für die gesellschaftliche Entwicklung.

In der Diskussion wurde viel über Ängste vor Veränderungen gesprochen. Kein Wunder, haben doch die dramatischen Veränderungen in den letzten Jahren den Meisten nichts Gutes gebracht. Unser Problem ist, dass wir gegen Ängste nicht mit rationalen Erklärungen ankommen. Angst lähmt und wirkt konservativ. Die anderen haben also die Psychologie auf ihrer Seite. Was wir wecken müssen, sind andere Emotionen, ein Gefühl von: „Leute, es geht was, es kann funktionieren, wir können etwas nach vorne aufbauen.“ Wenn z.B. unser Rentenspezialist, Matthias Birkwald, in drei Minuten erklären kann, wie eine armutsfeste Rente auch für die Zukunft eingeführt werden kann, können wir sagen: „Es geht. Es muss nur ein Gesetz geändert werden. Dafür brauchen wir eine Mehrheit.“  Wir brauchen eine glaubhafte Alternative nicht nur zur AfD, sondern auch zu dem, was ist.

„Es geht, und wir müssen es vermitteln. In unsere eigenen Reihen und nach außen.“, war dann auch das Schlusswort von Wulf Gallert.