Podiumsdiskussion beim Bündnis für Demokratie und Toleranz in Bernburg

Am 3. März trafen sich die DirektkandidatInnen für die Landtagswahl im Wahlkreis 21 zur ersten und einzigen Podiumsdiskussion des Wahlkampfes. Entsprechend breit gefächert waren die Themen, zu denen sie Stellung beziehen mussten, da nicht nur das Bündnis Fragekomplexe angemeldet hatte, sondern auch der Seniorenbeirat und die Gewerkschaften.

Relativ einig war man sich bei den Fragen des Bündnisses, was man für Demokratie, Toleranz und gegen Gewalt tun möchte. Die Vorschläge reichten von besseren Angeboten in den Schulen, gestärkter Schulautonomie bis zur Senkung der Quoren für Bürgerentscheide. Demokratie müsse als Gewinn erlebbar gemacht werden und das „Wir-Gefühl“, das Gefühl, Teil dieser Gesellschaft zu sein, müsse gestärkt werden. Toleranz lerne man von Kindesbeinen an. Eine Ursache für Politikverdrossenheit seien auch die taktischen Spielchen der Parteien, die den Eindruck erwecken, dass die Sacharbeit darunter leide, so Erich Buhmann, Vertreter für Bündnis 90/ Die Grünen.

In Bezug auf die Vielfalt in Deutschland braucht es Begegnung und Austausch. Konflikte müssen angesprochen und bearbeitet werden. Dass diese Vielfalt Gewinn ist, zeigt sich z.B. an der Hochschule Anhalt, wo 20 % der Studierenden aus dem Ausland kommen. Es ist nicht nur so, dass die Hochschule ohne diese Menschen dicht machen könnte, sondern sie bringen auch noch die Möglichkeit mit sich, wirtschaftliche Kontakte ins Ausland zu knüpfen. Zweifellos ein Gewinn für Deutschland sind auch die vielen ausländischen MitbürgerInnen, die hier Unternehmen gegründet haben und Arbeitsplätze schaffen.

Bei der Frage nach einem NPD-Verbot teilten sich die Meinungen. Herr Faust von der FDP und Herr Eckert von der SPD waren dagegen, Herr Weigelt von der CDU war ein bisschen dagegen und ein bisschen dafür, Frau Brandt von den Freien Wählern, Herr Buhmann und Birke Bull waren dafür, fügten aber gleichzeitig an, dass es damit nicht getan sein kann. Das Gedankengut bleibt in den Köpfen, und damit muss man sich beständig auseinandersetzen. Außerdem muss man den Nährboden bekämpfen, der die rechtsextremistischen Parteien so stark macht.

 Im Bereich des Fragenkomplexes Seniorenarbeit geht es den verschiedenen Parteien vor allem darum, die ländlichen Räume mit den Städten durch einen gut ausgebauten ÖPNV zu verbinden. Durch diese Mobilität soll es allen möglich sein, Einkaufsmöglichkeiten, kulturelle und medizinische Angebote zu nutzen. Außerdem setzt man auf Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliches Engagement. Herr Faust sprach an, dass man dieses Problem nur anpacken kann, wenn man den jungen Leuten eine Perspektive im Land gibt, sonst wird das nichts mit der Nachbarschaftshilfe. Das Thema der drohenden Altersarmut durch gebrochene Erwerbsbiografien wurde von verschiedenen GesprächspartnerInnen angesprochen und von Jürgen Weigelt abgewiegelt. Man kann arm sein, ohne sich arm zu fühlen. Was zweifellos stimmt, aber an der Lebenswirklichkeit der meisten Betroffenen vorbeigehen dürfte.

 Beim Fragenkomplex der Gewerkschaft zu Arbeit, Bildung und Kultur prallten dann die Welten aufeinander. Das Arbeit sich lohnen muss, da war man sich einig. Gleich zwei Protagonisten haben die Wahlprogramme ihrer Partei nicht verstanden, oder zumindest sehr großzügig ausgelegt. So sprach sich Herr Faust (FDP) für die gesetzliche Begrenzung der Zeitarbeit aus und der Kollege von der SPD erklärte erst, warum gesetzliche Mindestlöhne nicht gehen, um dann kleinlaut festzustellen, dass es in Frankreich und Holland ja doch gehe.

Herr Weigelt sprach sich erwartungsgemäß gegen gesetzliche Mindestlöhne aus Er wolle den Tarifparteien die Aushandlung überlassen. Er verwies darauf, dass 90 % der Unternehmen in Sachsen-Anhalt klein oder mittelständisch sind und 80 % der Arbeitsplätze schaffen und durch Mindestlöhne in den Ruin getrieben werden würden. Birke Bull verwies auf das Paradoxon, dass Sachsen-Anhalt von allen Ost-Bundesländern die höchste Arbeitsproduktivität hat, aber die zweitniedrigsten Löhne. Seit der Einführung von Hartz-IV habe sich der Niedriglohnsektor verdoppelt. Das schwächt die Binnenkaufkraft und damit auch die einheimische Wirtschaft. Gesetzliche Mindestlöhne schaffen eine einheitliche Ausgangsposition für die Wirtschaft. Sie sprach sich natürlich auch für Tarifautonomie aus, aber ein gesetzlicher Mindestlohn müsse als unterste Stufe eingezogen werden. Außerdem ist DIE LINKE für ein Vergabegesetz für öffentliche Aufträge, indem ein Mindestlohn von 8,50 € festgelegt ist.

Auch beim Thema Bildung waren deutliche Unterschiede zwischen den Parteien zu erkennen.

Die Vertreterin für die Freien Wähler sprach sich wie Birke Bull für längeres gemeinsames Lernen aus. Nach Klasse 4 kann keine sichere Prognose für die Entwicklung eines Kindes getroffen werden, aber die Lebenschancen werden durch die Wahl der Schullaufbahn weitgehend festgelegt. Die Sekundarschulen müssen gestärkt werden.

CDU und FDP sprachen sich gegen jegliche Strukturveränderungen im Schulbereich aus. Sie plädierten für eine bessere Befähigung der LehrerInnen an den Sekundarschulen. Dirk Faust empfahl eine Spezialisierung der Schulen und einheitliche Maßstäbe in der Bildung.