Sozialismus kann gewählt werden - Sozialismus kann abgewählt werden

Am 7. 9. führten wir in Bernburg eine Diskussion zum Programmentwurf durch. Birke Bull, Mitglied der Programmkommission beim Parteivorstand, war dazu eingeladen und eröffnete ihren Vortrag mit dem Ziel: „Ich möchte euch ein „Ja“ zum Programm entlocken. Es wird wahrscheinlich an einigen Stellen aber auch nur ein „Ja aber“ sein.“ Die Stärken des Entwurfs sieht sie in der klaren Ansage, dass wir eine Umverteilung von reich zu arm, von privat zu öffentlich wollen. Wir bekennen uns zur Stärkung des Öffentlichen, aber auch zu vielfältigen Eigentumsformen und zu gerechten Bildungschancen für alle. Wir sind dafür, soziale Sicherungssysteme armutsfest zu machen, aber gegen Kriegs- und Kampfeinsätze der Bundeswehr. Und nicht zuletzt bekennen wir uns dazu, den Kapitalismus als Gesellschaftssystem in Frage zu stellen. Dazu gab die Rednerin ein klares Votum ab, nämlich ein „Ja“ zum Programmentwurf.

 

Der Programmentwurf knüpft sowohl an Erfahrungen der Menschen im Osten, als auch an Erfahrungen die die Menschen im Westen mit dem Rheinischen Kapitalismus gemacht haben, an. Ausgehend von diesen Erfahrungen wird der demokratische Sozialismus als Ziel formuliert. Der Weg dorthin muss ein demokratischer sein, den wir als „Umbau bei laufenden Betrieb“ verstehen. „Sozialismus ist wählbar, und Sozialismus ist abwählbar“, so die Rednerin.

 

Kontrovers diskutiert werden aber noch Fragen, wie z.B.  unser Verhältnis zum unternehmerischen Privateigentum, das Verbot von Massenentlassungen nicht insolvenzgefährdeter Betriebe und Fragen der Wirtschaftsdemokratie. Auch bei den Themen der Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, Leiharbeit, Öffentlich-geförderter Beschäftigungssektor und zum Grundeinkommen gibt es noch keine Einigkeit. An dieser Stelle müssen wir noch weiter diskutieren.

 

Eine wichtige Frage im Programm ist der Unterschied der Formulierung „Freiheit durch Sozialismus“ versus „Freiheit und Sozialismus“. In der Geschichte waren Freiheit und Sozialismus in einem problematischen Verhältnis. Auch Kapitalismus und Freiheit sind kein Dreamteam, aber die Mittel zur Durchsetzung der Freiheit wurden zumindest nicht abgeschafft. Man muss anerkennen, dass der Kapitalismus bewiesen hat, dass er Freiheit aushalten kann. Diesen Beweis ist der Sozialismus noch schuldig. Der Weg zum Sozialismus kann nur ein freiheitlicher und demokratischer sein. Der Zweck heiligt nicht das Mittel, Freiheitsrechte abzuschaffen. Deshalb sprach sich die Rednerin klar für die Formulierung Freiheit und Sozialismus aus.

 

Im Anschluss entspann sich die Diskussion unter anderem an den Haltelinien zur Regierungsbeteiligung. Während manche Diskussionsteilnehmer eine Regierungsbeteiligung nur knapp unter der absoluten Mehrheit befürworten, sehen andere darin eine gute Möglichkeit, Veränderungen in kleinen Schritten zu erreichen. Birke Bull zeigte sich auch vom Druck, den Opposition entfalten kann, überzeugt. Der muss aber von der Regierung umgesetzt werden. Und die kann ihn auch so kontraproduktiv umsetzen, dass die Mehrheit danach sagt: Nie wieder! „Es reicht nicht, dass 30 % uns wählen, sondern die Mehrheit der anderen 70 % muss uns auch aushalten können!“, wirbt Birke Bull für eine vernünftige, produktive und maßvolle Politik, egal an welcher Stelle des strategischen Dreiecks auch immer.