Neolisberlaismus vs. sozialer Zusammenhalt

Am 16. Juni fand in der „Alten Molkerei“ eine weitere Bildungsveranstaltung statt. Als Referent hatten wir Dr. Harald Werner zu Gast. Er ist Sozialwissenschaftler, Mitglied des Parteivorstandes und dessen Beauftragter für politische Bildung. An diesem Abend ging es um das Thema: „Wie der Neoliberalismus den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft auflöst“.

Der Begriff „Neoliberalismus“ bedeutet einfach formuliert: Man kümmert sich nicht um die Armen und Benachteiligten im Land, sondern macht die Reichen reicher und große Unternehmen noch mächtiger, es regiert der Drang nach Profit. Bis in den 80er Jahren gab es einen sozialen Kompromiss in der BRD, durch hohe Produktivität durch gut qualifizierte Arbeitnehmer konnten gleichbleibend hohe Löhne finanziert werden. Es gab Arbeit für die meisten, der Begriff „Sozialstaat“ wurde geprägt durch die finanzielle Unterstützung von zeitweilig Arbeitslosen. Es gab einen Zusammenhalt unter den Arbeitskollegen, es wurde gemeinsam gearbeitet und auch gefeiert.

Dieses hat sich seit den 90er Jahren drastisch verändert. Der heutige Wohlstand wird vielfach von prekär Beschäftigten produziert. Diese müssen mit der ständigen Unsicherheit in den Bereichen Arbeit und Privatleben kämpfen, das führt zur Verrohung der Gesellschaft und zieht Ausländerfeindlichkeit nach sich. In den großen Konzernen hat sich die Flexibilisierung z.B. durch die Ausgliederung der Produktion durchgesetzt, dadurch kann billiger produziert werden. Die Verteilung der Arbeit geht anders vonstatten. Es werden mehr Leute zu unfairen Bedingungen eingestellt, deshalb gibt es weniger Arbeitslose. Für viele Betroffene wird der Arbeitsprozess ansich eintöniger, z. B. durch Fließbandarbeit. Die Zeitnormen werden erhöht, hohe Produktivität wird gefordert, in vielen Branchen gibt es einen ständigen Produktwechsel, deshalb konkurriert jeder gegen jeden, der psychische Druck wächst. Die Spaltung der Belegschaft wird dadurch gefördert, dass es keine gemeinsamen Pausen oder Feiern mehr gibt. Da das Wissen der Beschäftigten benötigt wird, ist heute das lebenslange Lernen schon zur Selbstverständlichkeit geworden.

All dies hat schwerwiegende Folgen für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft:

Der eigene Kontrollverlust schadet dem Wohlbefinden, es werden immer mehr oberflächliche und kurze Beziehungen eingegangen. Der Mensch hat das Bedürfnis nach sozialer Integration, bei dessen Verlust wird Schmerz empfunden und es erhöht sich die Aggression. In den letzten Jahren gab es einen rasanten Anstieg psychischer Erkrankungen. Menschen verdrängen die täglichen Probleme und wollen in Ruhe gelassen werden.

Wir als Linke sind deshalb gefordert, zuzuhören und Alternativen aufzuzeigen, denn man kann etwas ändern... Unsere Kampagne „Das muss drin sein“ richtet sich u. a. gegen Prekarisierung. In Gesprächen müssen wir vertrauenswürdig sein, denn Menschen aus allen Bevölkerungsschichten sollen sich bei uns wohlfühlen und verstanden wissen.

Elke Rehmann