Luxemburg-Liebknecht-Gedenken und politischer Jahresauftakt geben Kraft für Aufgaben vor Ort

Seit vielen Jahren ist es zu einer guten Tradition geworden, dass sich Mitglieder der LINKEN und Jugendliche aus Staßfurt und Umgebung  Anfang Januar auf den Weg nach Berlin machen, um zusammen mit etwa zehntausend  Menschen der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919 zu gedenken. Der Zug, der 2015 unter dem Motto „Totgesagte leben länger – Gemeinsam gegen Faschismus, Imperialismus und Krieg!“ stand, führte über die Frankfurter Allee zur Gedenkstätte der Sozialisten in Friedrichsfelde, an der in aller Stille jeder am Grab der vor 96 Jahren von Freikorpssoldaten ermordeten Arbeiterführer symbolisch eine rote Nelke niederlegen konnte.

Erfreulich, dass von den diesmal vierzehn Teilnehmer/Innen die Jugendlichen wieder deutlich in der Überzahl waren und damit ihr Interesse an der Geschichte und den aktuellen Geschehnissen in der Welt bekundeten und sich den Worten unserer Parteivorsitzenden Katja Kipping anschlossen:

Wir bleiben bei Rosa Luxemburg, die 1915 schrieb: ´Auf seinen objektiven historischen Sinn reduziert ist der heutige Weltkrieg als Ganzes ein Konkurrenzkampf des ... Kapitalismus um die Weltherr-schaft.´ Geht es der Reaktion in den USA und in der EU, geht es der NATO - und deren Verbündeten im Geiste und im Profit - heute weltweit um etwas anderes, als letztlich um Kapitalinteressen?

Wir bleiben bei Karl Liebknecht, der im Dezember 1914 im Reichstag als einziger gegen die Kriegskredite gestimmt hatte.

Gerade im 70. Jahr der Befreiung vom Faschismus sagen wir Nein zu Kriegen und Militärinterventionen sowie deren Vorbereitung und Begleitung durch das Trommelfeuer der Mainstream-Medien. Wir sagen Nein zu ideologischer Kriegstreiberei, die durch verharmlosende Begriffe verschleiert werden soll. Kriege zu führen heißt nicht, Verantwortung zu übernehmen, sondern bedeutet Verantwortungslosigkeit, bedeutet Mord und Zerstörung. Wir sagen Nein zu jeglichen Auslandseinsätzen der Bundeswehr, Nein zu weiteren NATO-Stützpunkten in Osteuropa. Wir sagen Nein zu Rüstungsexporten und Drohnenmorden.

Wir sagen Nein zu allen Versuchen, das System der Profitmaximierung zur letzten Antwort der Geschichte zu erklären.

Wir sagen Nein zu stetig wachsendem Sozialabbau und der damit einhergehenden Entwürdigungen von Millionen Menschen. Wir sagen Nein zur weltweiten, der Kapitalherrschaft dienenden Spitzelei durch NSA, BND und andere Geheimdienste, die die bürgerliche Demokratie zur Farce werden lassen. Wir sagen Nein zu alten und neuen Nazis und deren in Krisenzeiten besonders gefährlicher sozialer Demagogie. Wir sagen Nein zu Rassismus, zu Antisemitismus und zur Islamfeindlichkeit. Wir sagen Nein zur Festung Europa.

Wir - Linke unterschiedlicher Strömungen - demonstrieren friedlich gegen Kriege, für Menschlichkeit und Internationalismus. Wir sagen JA zu einer solidarischen, friedlichen und sozial gerechten Welt.“

Am Nachmittag nahmen die Teilnehmer/Innen die Einladung der Europäischen LINKEN zu ihrem politischen Jahresauftakt in der Berliner Volksbühne an, das in diesem Jahr ganz im Zeichen des 70. Jahrestages der Befreiung Europas vom Faschismus stand.

In interessanten Redebeiträgen, Podiumsdiskussionen und musikalischen Beiträgen waren viele Prominente einmal wieder live zu erleben, unter ihnen Katja Kipping, Bernd Riexinger, Oskar Lafontaine, Sarah Wagenknecht, Dietmar Bartsch, Gregor Gysi, Dieter Dehm, Otfried Fischer, Purple Schulz u.a.

Leider konnte der Vizepräsident der EL, Alexis Tsipras aus Griechenland nicht teilnehmen, da er sich mit seiner Syriza-Partei mitten im Wahl-kampf befindet. Ihm übermittelten die Anwesenden ihre Grüße -  verbunden mit dem Wunsch eines grandiosen Wahlerfolgs. Bernd Riexinger formulierte es so: „Der deutsche Faschismus hat in vielen Ländern tödliche Spuren hinterlassen, Millionen Menschen mit seinem Terrorregime ermordet und in Angst und Schrecken versetzt. Dazu zählte auch Griechenland, das von der Wehrmacht von 1941 bis 1944 besetzt war. Sie verübte zahlreiche Massaker und Gräueltaten an der griechischen Zivilbevölkerung. Insgesamt starben durch die Besatzung mehr als 80.000 Griechinnen und Griechen.

Wäre es vor diesem Hintergrund nicht angemessen, dass sich die deutsche Regierung mit Ratschlägen an die griechische Bevölkerung zurückhält? Wäre es nicht angemessen, auf Drohungen, auf ökonomische Diktate und Erpressungen zu verzichten? Wäre es nicht mehr als recht und billig, wenn die Regierung, dazu gehört übrigens auch Herr Gabriel, dem griechischen Volk überlässt, welcher Partei es bei den anstehenden Wahlen die meisten Stimmen gibt? Auch das wäre eine Lehre aus der Geschichte.

Die von der Troika (EZB, IWF, EU-Kommission), unter maßgeblichem Einfluss der Merkel-Regierungen, verordnete Kürzungs- und Verarmungspolitik hat bei der griechischen Bevölkerung massenhaft Leid und Elend verursacht. Da ist dem griechischen Volk nur zu wünschen, dass es diese Politik am 25. Januar 2015 abwählt.

Die Troika und Merkel werden alles tun, um zu verhindern, dass eine linksgerichtete Regierung den verordneten Austeritätskurs verlässt. Das könnte ja ansteckend wirken. Dabei ist die Politik der Troika jämmerlich gescheitert. Griechenland hat heute mehr Schulden als je zuvor, 30 Prozent weniger Wirtschaftsleistung als vor sechs Jahren und eine Armutsquote von 35,8 Prozent. 60 Prozent der Bevölkerung sind armutsgefährdet. Schäuble und Merkel sagen, Griechenland sei doch auf dem richtigen Weg. Damit können sie höchstens die griechischen Millionäre meinen. Die 2.000 reichsten Familien in Griechenland konnten den Anteil ihres Vermögens von 75 auf 80 Prozent des Gesamtvermögens ihres Landes steigern.

Auf diese Art von Erfolgen kann die griechische Bevölkerung gerne verzichten. Ja, ganz Europa kann darauf verzichten. Die Europäische Linke hat die Aufgabe, gegen diese Politik mit aller Kraft zu mobilisieren.

Syriza und Alexis Tsipras brauchen dringend unsere Solidarität. Der Spielraum für eine andere Politik in Griechenland und für ein anderes Europa hängt davon ab, dass Syriza nicht alleine steht. Es muss Schluss sein mit den Kürzungs- und Verarmungsprogrammen. Eine wirkliche Europapolitik muss die Erwerbslosigkeit bekämpfen, der Jugend eine Zukunft geben und in den Ländern eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen.

Wir unterstützen die Pläne von Syriza, die Reichen stärker für die Kosten der Krise heranzuziehen. Wir wollen in ganz Europa eine Vermögensabgabe für Millionäre und Milliardäre.

Die Freihandelsabkommen Ceta, TTIP, das Dienstleistungsabkommen TISA, die nur den Konzernen noch mehr Macht übertragen, Beschäftigten-, Gewerkschafts- und Verbraucherrechte abbauen, dem stellen wir uns entgegen. Sie sind geradezu ein Anschlag auf die Demokratie, und es ist eine Schande, dass Gabriel von den Wahlversprechen der SPD abweicht. Wiedermal.

Liebe Genossinnen und Genossen,

es ist auch unsere Hoffnung, dass die Entwicklung in Griechenland ansteckend ist. Europa braucht dringend einen anderen Entwicklungspfad.

Für die Veränderung von Europa ist entscheidend, ob es uns hier in Deutschland, im wirtschaftlich stärksten und inzwischen politisch einflussreichsten Land, gelingt, die Kräfteverhältnisse nach links zu verschieben.

Das ist nicht dasselbe wie ein Regierungswechsel, auch wenn es gut ist, bei veränderten Kräfteverhältnissen die Regierung zu wechseln. Wir dürfen das nicht vergessen. Regierungen, vor allem wenn sie Reformen für mehr soziale Gerechtigkeit vorhaben, brauchen Rückhalt in sozialen Bewegungen und Gewerkschaften, in Sozialverbänden, von aktiven Menschen aller Art. Sie müssen dem Gefühl, dass sich ja doch nichts ändern wird, die Macht nehmen.

Der Erfolg von Syriza in Griechenland, von Podemos in Spanien hat auch damit zu tun, dass sie deutlich gemacht haben, dass es bessere Alternativen gibt, dass die Bedürfnisse der Menschen und ihre sozialen Interessen nicht den Sachzwängen der Troika, der Bankenrettung und Merkels Autoritätspolitik untergeordnet werden dürfen. Viele sozialdemokratische Parteien dagegen haben verloren, weil sie die herrschenden Sachzwänge der Krisenpolitik mitgetragen haben. Das kann uns eine Lehre sein.“

Alle Teilnehmer/Innen waren sich einig, dass es eine rundum gelungene Veranstaltung war.

Wir setzen uns das Ziel, diese Veranstaltung im nächsten Jahr kreisweit noch besser zu propagieren, um auch Jugendliche, Neumitglieder und Interessierte aus anderen Regionen des Salzlandkreises die Chance einer Teilnahme zu ermöglichen. Gibt sie doch neue Kraft und frischen Mut für die vor uns liegenden Aufgaben unmittelbar vor Ort.

Unser Dank gilt dem Kreisvorstand für seine freundliche Unterstützung!

Siegfried Mahlfeld