Gedenkveranstaltung in Güsten zum 70. Jahrestag der Befreiung

Anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung rief der Ortsverband der LINKEN Saale-Wipper zu einer Kranzniederlegung am Grab des Güstener Antifaschisten Walter Munke auf. Dem Aufruf folgten
zahlreiche Bürgerinnen und Bürger aus Güsten und Umgebung. Die Gedenkrede am Grab hielt der stellvertretende Kreistagsvorsitzende Ernst Hermann Brink. Er ging dabei auf die Fragen nach dem Scheitern, nach Schuld und Vergeltung rückblickend zum 8. Mai 1945, dem Tag der Befreiung vom Faschismus ein.
„1950 wurde der Tag der Befreiung in der DDR als staatlicher Feiertag verankert. Auf der einen Seite standen Wille und Realität der systematischen Entnazifizierung. Gewürdigt wurden die, die sich zum
Preis des eigenen Lebens oder dessen Gefährdung am Widerstand gegen die Nazis beteiligt hatten - vor allem Kommunistinnen und Kommunisten.
Auf der anderen Seite hat es auch in der DDR de facto eine weitgehende Entlastung von Schuld gegeben, ist nicht wirklich gefragt worden nach der Verantwortung jedes Einzelnen. Dabei muss bezweifelt werden, dass sich entlang zufälliger geographischer Grenzen der Besatzungszonen mit einem Schlag Befreite und Unterlegene, Nazis und Widerständler, Anhänger und Zweifler voneinander trennten.
Der Vernichtungskrieg hatte in seiner Endphase nichts von seinem Schrecken und seinem Fanatismus verloren. Die Befreiung war ein blutiger, ein verbissener, ein elender Kampf. Der Justizapparat arbeitete auf Hochtouren; ob Deserteure, Zweifler oder die politisch Widerständigen - die Gegner der Nationalsozialisten sollten mit dem Regime gemeinsam untergehen. Todesurteile gegen die Verschwörer des 20. Juli wurden noch in den letzten Apriltagen vollstreckt. Nur vier Wochen vor Kriegsende wurden Georg Elser und Friedrich Bonhoeffer nach jahrelanger Haftzeit hingerichtet. Der Krieg, den die Deutschen
entfesselt hatten, sprengte die Grenzen jeglicher Vorstellungen. Er war von Anfang an verbunden mit der Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden, der Roma und Sinti, er zielte ab auf die Vernichtung der slawischen Völker. Politisch und weltanschaulich Andersdenkende sollten ausgeschaltet werden - Kommunistinnen und Kommunisten, Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, mutige Christinnen und Christen.“
Im Gedenken an die geschundenen und ermordeten Menschen in den deutschen Konzentrationslagern hielten die Anwesenden am Grab des im KZ Mauthausen ermordeten Güstener Walter Munke eine Schweigeminute ab und legten ein Blumengebinde nieder.
In einer anschließend von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen-Anhalt e.V. und der Fraktion der LINKEN im Verbandsgemeinderat Saale-Wipper durchgeführten Buchlesung wurde das kurze und dennoch bewegte Leben des ehemaligen Spanienkämpfers Walter Munke vorgestellt. Dabei konnte
die Herausgeberin des Buches „Walter Munke – Zweimal um die Ecke“ Raja Lubinetzki, eine Großnichte von Walter Munke, aus gesundheitlichen Gründen nicht anreisen. Für die Lesung, mit antifaschistischen Liedern
jener Zeit umrahmt, konnte Tobias Pochanke (Fraktionsvorsitzender der LINKEN. Saale-Wipper) kurzfristig den Kreistagsabgeordneten Ernst-Hermann Brink und die Landtagsabgeordnete Bianca Görke gewinnen.
Der Kommunist Walter Munke – ein Sohn der Stadt Güsten – kämpfte in Spanien bei den Interbrigaden gegen das faschistische Franco-Regime. Hier geriet er am 2. April 1938 in spanische Gefangenschaft und wurde 1941 nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion von der Gestapo nach Deutschland verschleppt. Nun musste er den qualvollen Weg durch die Folter- und Mordstätten der Faschisten antreten. Im KZ Mauthausen wurde Walter Munke schließlich auf bestialische Weise zu Tode gefoltert. Am 31. März 1942 starb er an den Folgen dieser Tortur.

Manfred Bölke