Wie gespalten ist Deutschland? Linker Stammtisch in Bernburg
Nachdem er im Sommer wahlkampfbedingt nicht stattfinden konnte, gab es Ende Oktober wieder einen LINKEN Stammtisch im Bernburger Wahlkreisbüro. Die Veranstaltungsreihe des Bernburger Ortsverbandes, die vor ca. eineinhalb Jahren gestartet wurde, hat sich mittlerweile etabliert. Mit 15 TeilnehmerInnen war das Büro auch beim Stammtisch zur Wahlauswertung mit dem Titel „Nach der Wahl: Wie gespalten ist Deutschland“ wieder gut besucht.
Referentin Henriette Krebs, seit Juni Landesgeschäftsführerin der LINKEN in Sachsen-Anhalt, ging zu Beginn noch einmal auf die Ergebnisse der LINKEN im Bund und im Land ein sowie auf die konstituierende Sitzung des Bundestages, die am Vortag stattfand. Dann konzentrierte sie sich in ihrem Impulsreferat auf die Studie „Gespaltene Demokratie“ der Bertelsmann Stiftung von 2013, die sich u.a. mit politischer Teilhabe und Wahlmüdigkeit beschäftigt und seit Erscheinen mit aktuellen Erkenntnissen ergänzt wurde.
Die Studie stellt u.a. fest, dass bei bildungsfernen Schichten eine geringere Wahlbeteilung zu beobachten ist und dass sich Wahlbeteiligung zunehmend an Personalisierung koppelt. WählerInnen lassen sich bei stärkerer Personalisierung offensichtlich eher an die Wahlurne locken. Die Studie wirft außerdem die Frage auf, welche Auswirkungen eine zunehmend soziale Ungleichheit in Deutschland auf das Wahlverhalten hat. Die Wahl komplett meiden, oder extrem wählen? Beides war in den letzten Jahren zu beobachten. Zur Auswirkung eines Ungerechtigkeitsempfinden, wie es gerade in Ostdeutschland zu erkennen ist, brachte Henriette noch eine These aus dem ARD-Magazin „Monitor“, das kürzlich feststellte, dass die anhaltende Dominanz Westdeutscher in den Führungsriegen ostdeutscher Unternehmen und Verwaltungen, zunehmend für eine Frustration im Osten sorgt, die sich u.a. im Wahlergebnis widerspiegelt.
In der Diskussion ging es z.B. um diese Frustration und deren Gründe, wobei natürlich immer wieder eine Debatte um den weiteren Zuzug von Flüchtlingen und um die Integration der bereits Eingewanderten aufkam. Flüchtlinge uneingeschränkt willkommen heißen oder doch Grenzen setzen? Und wenn ja, wie sollen diese aussehen? Es bestand Einigkeit darüber, dass die Debatte zu diesem Thema bei der LINKEN längst nicht abgeschlossen ist.
Desweiteren ging es in der Diskussion um Kritik an der Zusammensetzung des neuen Bundestages: In diesem sind erstens viel zu wenig Frauen (die Quote liegt bei unter einen Drittel), und zweitens mangelt es an „einfachen Leuten“ als VolksvertreterInnen. Dafür dominieren wieder Juristen und Lehrer das Parlament.
Viel Raum nahm auch erneut die Debatte um Regierungsbeteiligungen der LINKEN ein. Ein Thema, zu dem es bereits einen eigenen Stammtisch gab. Von absoluter Ablehnung aufgrund der Angst, in einem Bündnis unterzugehen, bis hin zur Meinung „nur so können wir endlich etwas bewegen“ reichten die Meinungen. Ein weiteres LINKES Dauerthema.
Die Ausgangsfrage der Veranstaltung konnte am Ende nicht beantwortet werden. Der Austausch und die Diskussion, wie wir unsere Themen besser rüberbringen, um bei zukünftigen Wahlen noch erfolgreicher abzuschneiden, waren aber natürlich trotzdem wichtig. Immer wieder kam an diesem Abend zum Ausdruck, dass wir als LINKE offensichtlich in der Ansprache potentieller WählerInnen versagen. Die müsse kurz, prägnant und verständlich sein, so die einhellige Meinung.
Jörg Lemmert, Ortsvorsitzender DIE LINKE Bernburg