Gedenken an Opfer des Faschismus im Salzlandkreis

Überall in Deutschland gedenken am 27. Januar die Menschen der im Holocaust Getöteten. Im Salzlandkreis fanden Gedenkveranstaltungen in Schönebeck, Staßfurt, Hecklingen und Könnern statt.

Schönebeck

In ihrer Rede zur Gedenkveranstaltung in Schönebeck erinnerten Christa Beier und Sabine Dirlich daran, dassder NameAuschwitz für den millionenfachen Mord, für eine bis in Letzte durchgeplante Vernichtungsmaschinerie, für Unmenschlichkeit schlechthin stehe. Den nationalsozialistischen Verbrechen fielen vor allem Juden, jüdische Deutsche und Juden aus vielen europäischen Ländern zum Opfer. Verfolgt und ermordet wurden aber auch Sinti und Roma, Behinderte und Homosexuelle, politische Gegner und Kriegsgefangene. Ihrer zu gedenken sind wir auch heute hier.

Unsere Trauer und unser Mitgefühl werden immer bei ihnen sein. Wir erinnern heute an mutige Menschen, die Widerstand leisteten und an alle verzweifelten Menschen, denen aufgrund ideologischer Verblendung das Menschsein abgesprochen wurde. Heute kann sich wohl kaum noch jemand die bedrückende Situation der Opfer vorstellen. Menschen wurden von heute auf morgen zu Ausgestoßenen, zuUnerwünschten, sie mussten die Hölle erleiden. Weshalb kann man nicht tolerieren, dass Menschen anders aussehen, anders denken und glauben, anders leben, anders lieben. Gerade das Anderssein macht doch uns Menschen aus. Deshalb ist es unsere Verantwortung, nie mehr zuzulassen, dass Menschsein abhängig gemacht wird von Rasse und Herkunft, von Überzeugung oder Glauben, von Gesundheit oder Leistungsfähigkeit.

Manche warnen vor einem Übermaß an Gedenken. Alexander Gauland von der AfD fordert sogar einen Schlussstrich zu ziehen unter Deutschlands Nazi-Vergangenheit. Wir sollen wieder stolz sein auf die „Leistungen“ deutscher Soldaten in den beiden Weltkriegen. Stolz auf die Beteiligung an Kriegsverbrechen? Stolz auf die Zerstörung halb Europas?

Gleichzeitig soll es nach dem Willen der AfD ein Gedenken geben an die Opfer aus der deutschen Zivilbevölkerung. Ohne Hinweis auf die Hintergründe? Es waren die Deutschen, die den Krieg entfesselt haben. Deutsche Bürgerinnen wollten den totalen Krieg. Deutsche Offiziere ließen bis zum letzten Blutstropfen kämpfen – sogar Kinder und Greise im sogenannten Volkssturm. Und das zu einer Zeit, als der Krieg längst verloren war.

Deshalb ist das Mahnen und Erinnern an den Holocaust immer auch damit

verbunden, wach zu bleiben. Der heutige Gedenktag, der 1996 von Roman Herzog bestimmt wurde und dem sich die UNO anschloss, ist deshalb Anlass, den Anfängen von Intoleranz und Inhumanität zu wehren.

In Deutschland ist nach dem Zweiten Weltkrieg eine freie, rechtsstaatliche Gesellschaft aufgebaut worden. Diese demokratischen, humanen Normen zu wahren und die Menschenrechte zu achten, eingedenk wie brüchig zivilisatorische Werte sind, auch das ist ein Vermächtnis des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus, so die Rednerinnen.

Könnern

In Könnern traf man sich vor einem großen Grab. 15 Namen stehen auf dem Grabstein. Die Männer kamen aus Polen, Frankreich, Deutschland und der Sowjetunion, der jüngste war 19. Das Todesdatum ist bei allen gleich: Sie starben im April 1945, nachdem sie am 9.4.1945 mit 3000 Häftlingen aus dem Außenlager Langenstein-Zwieberge auf einen 320 km langen Todesmarsch durch Mitteldeutschland (z.B. Gröbzig, Weissandt-Gölzau) geschickt wurden. Nur wenige überlebten die Strapazen.

Fünfzehn dieser auf dem Todesmarsch Verstorbenen sind auf dem Friedhof in Könnern begraben. Ihrer wurde in der sehr würdevollen Veranstaltung wieder gedacht. Wie alle Redner*innen fand auch unsere Stadträtin Martina Schaar eindringliche Worte gegen das Vergessen und jegliche Formen von Hass, Rassismus und Gewalt.

Die Teilnehmer*innen ehrten die Ermordeten durch das Verlesen ihrer Namen und das Niederlegen einer Rose an ihrem Grab. Für jeden wurde ein Grablicht entzündet. In tiefem Schweigen wurden die Grabgestecke gelegt.

Hecklingen

In Hecklingen organisierte der Ortsverband gemeinsam mit der Bürgermeisterin der Stadt das Gedenken. Am 27. Januar trafen sich Bürgerinnen und Bürger auf dem Friedhof, um anlässlich des Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Sowjetarmee, der Opfer des deutschen Faschismus zu gedenken.

Auf dieser traditionellen Veranstaltung zum 73. Jahrestag sprach die Ortsbürgermeisterin der Stadt Hecklingen, Frau Elke Atzler, Mitglied der CDU und Schulleiterin in Schneidlingen zu den zahlreich Versammelten. Ihre mahnenden und berührenden Worte waren verbunden mit dem persönlichen Bezug zum Thema des Völkermordes und dem damals funktionierenden Alltag der Täter.

Für sie ist Erinnerung und Bewältigung zugleich auch die beste Versicherung gegen Völkerhass, Faschismus und wieder aufkeimenden rechten Bewegungen und Gedankengut.

Staßfurt

In Staßfurt lud der Ortsverband ebenfalls zur traditionellen Gedenkveranstaltung ein.

Zu den erschienenen Anwesenden sprach der Stadtrat Dr. Walter Blauwitz. Als Zeitzeuge kann er sich noch an ausgemergelte Menschen erinnern, die als Zwangsarbeiter für die deutsche Kriegsproduktion um Nordhausen, oder für die Landwirte in seinem Heimatort ohne Lohn und medizinische Versorgung als Menschen zweiter Klasse schuften mussten.

In seiner Erinnerung sind auch Begegnungen mit Häftlingskolonnen, die auf Märschen in den sicheren Tod getrieben wurden. Es waren vielfältige Schichten der Bevölkerung, die dieses menschenverachtende Regime getragen und unterstützt haben.

An der heutigen Beteiligung Deutschlands an Kriegen und an der Waffenproduktion, sowie Waffenlieferungen in Krisengebiete wird für ihn deutlich, dass die Aufarbeitung des Faschismus als dunkelstes Kapitel der deutschen Geschichte noch nicht abgeschlossen ist, und im Gegenteil durch die Kräfte in der AfD neu erblüht. Damit werden auch neue Flüchtlingswellen erzeugt.

 

Bevor er zu einer Schweigeminute aufforderte schloss er mit den Worten: „Es ist unsere Aufgabe, das politische und wirtschaftliche Geschehen der Gegenwart stets zu hinterfragen und uns dafür einzusetzen, dass es einmal eine Welt geben wird, in der der Mensch in Frieden, Gleichberechtigung und individueller Selbstbestimmung leben kann.“

 

Christa Beier, Sigrid Reinecke und Klaus Magenheimer